Zelten: Gesund und erholsam
Übernachten im Zelt - das klingt für manche zunächst nach Komforteinbuße und unbequemen Schlaf. Dabei kann diese einfache Form des Urlaubs ganz besonders erholsam sein und sogar die Schlafqualität nachhaltig verbessern.
Keine Frage: Beim Zelten ist man näher dran an der Natur als etwa bei einem Hotelurlaub. Wenn es aber um die Frage geht, welche Art, die Ferien zu verbringen, erholsamer ist, werden viele wahrscheinlich den Vorteil beim Hotel oder Ferienhaus sehen. Schließlich muss man sich dort nicht mit einer Luftmatratze oder gar Isomatte abgeben, sondern schläft in einem richtigen Bett. Hinzu kommt: Selbst in einfachen Unterkünften sind die Möbel meist bequemer als die Campingstühle, die man beim Zelturlaub mitnehmen kann. Kochen, Abwaschen etc. ist ebenfalls nur eingeschränkt möglich – und anders als in einem Hotel nimmt einem auf einem Campingplatz diese Arbeiten niemand ab.
Dennoch schwören viele auf die besondere Erholungswirkung dieser einfachen Urlaubsform. Und eine wissenschaftliche Untersuchung gibt diesen Menschen Recht. So konnten Wissenschaftler von der University of Colorado in Boulder, USA, nachweisen, dass sich die Schlafqualität beim Übernachten im Zelt deutlich verbessert. Dafür kommen mehrere Gründe in Betracht:
- Mehr frische Luft: Wer im Zelt schläft, ist nur durch eine dünne Außenhaut von der freien Natur getrennt. Die Versorgung mit frischer Luft ist dadurch deutlich besser, als sie es in geschlossenen Räumen sein kann. Selbst wenn man bei geöffnetem Fenster schläft, zirkuliert die Luft nicht im selben Maße. Ganz zu schweigen davon, dass in vielen Urlaubsresorts Klimaanlagen zum Einsatz kommen.
- Aktiver Urlaubsstil: Egal ob am Strand oder in den Bergen: Beim Campen verbringt man zwangsläufig den größten Teil des Tages im Freien. Da der Aufenthalt im Zelt schnell etwas eintönig werden kann, ist der Anreiz hoch, den Tag aktiv zu gestalten. Und wandern, schwimmen, Rad fahren sind nicht nur gut für die Fitness. Solche Aktivitäten sorgen auch dafür, dass man abends schnell in die Nachtruhe findet.
- Besserer Tag-Nacht-Rhythmus: Den stärksten Effekt auf die Schlafqualität hat jedoch laut der Studie wahrscheinlich die Veränderung des Tag-Nacht-Rhythmus, die sich infolge eines Zelturlaubs ergeben kann. Denn tatsächlich verschiebt das Schlafen im Zelt diesen Rhythmus zum Teil ganz erheblich. Bei einem konkreten Vergleich vor und nach einem einwöchigen Natururlaub zeigte sich: Während bei Studienteilnehmern vorher der Rhythmus um ungefähr zwei Stunden hinter dem eigentlich natürlichen herhinkte, war diese Verschiebung danach so gut wie verschwunden. Der Grund hierfür: Zum einen wird man beim Zelten mit dem Anbruch des Tages schnell vom Licht geweckt. Zum anderen stehen deutlich weniger künstliche Lichtquellen und elektronische Unterhaltungsmedien zur Verfügung, die letztlich dafür verantwortlich sind, dass sich der Tag-Nacht-Rhythmus des modernen Menschen vom eigentlich natürlichen Rhythmus loslösen konnte.
Die Verbesserung des Tag-Nacht-Rhythmus konnten die Forscher anhand von Blutproben nachweisen, indem sie den Gehalt des Schlafhormons Melatonin analysierten. Dabei zeigte sich: Während der Melatoningehalt vor dem Zelturlaub erst nach dem Erwachen allmählich absank, reduzierte sich dieser Gehalt nach der Urlaubswoche schon bevor die Studienteilnehmer aufwachten. Die Folge: Anstatt verschlafen in den Tag zu starten, waren die Teilnehmer mit Tagesanbruch putzmunter – und das, obwohl sich die Schlafdauer nicht geändert hatte.
Vorteile für die Beweglichkeit
Dabei hat Zelten nicht nur auf die Schlafqualität positive Effekte. Auch die Beweglichkeit kann davon profitieren – und das genau deswegen, weil man den Komfort beim Campen zwangsläufig etwas reduzieren muss. So liegt die Schlafstätte typischerweise direkt auf dem Boden. Beim Hinlegen und Aufstehen muss man sich folglich etwas mehr anstrengen. Die meisten Zelte sind zudem niedriger als die Wohnung zu Hause, so dass man sich häufiger bücken oder in die Hocke gehen muss. Und manchmal ist es sogar erforderlich, sich im Zelt kriechend vorwärts zu bewegen. Das mag einem unbequem und möglicherweise lästig erscheinen. In der Tat handelt es sich jedoch um Bewegungsformen, die wir im Alltag kaum üben. Letztlich führen die möglicherweise empfundenen Komforteinbußen so zu einem ungewöhnlichen Beweglichkeitstraining.
Wie positiv die Effekte für die Gesundheit beim Zelturlaub sind, hängt letztlich erheblich davon ab, wie man diesen Urlaub konkret gestaltet. Wer zum Beispiel einen Campingplatz wählt, bei dem bis spät in die Nacht Animateure lautstark für Stimmung sorgen, sollte besser nicht mit positiven Effekten für den Schlaf rechnen. Das gleiche gilt, wenn man das Urlaubsdomizil mit allerlei elektronischen Geräten ausstattet, so dass man – genauso wie zu Hause – auch in der freien Natur zu nachtschlafender Zeit noch Fernsehen gucken oder im Internet surfen kann.
Wer jedoch den Campingurlaub so angeht, dass er zu einer echten Auszeit von den üblichen Verlockungen und Ablenkungen der Zivilisation wird, darf sich auf sehr erholsame Tage oder gar Wochen freuen.