Die Lebendspende

Ist es möglich, Organe und Gewebe zu spenden, wenn man noch am Leben ist?

In einzelnen Fällen kommt eine Spende von Organen, Organteilen oder Gewebe zu Lebzeiten infrage. Das gilt für das Knochenmark, die Niere und – seltener – einen Teil der Leber. Eine gesunde Person kann mit nur einer Niere ein normales Leben führen. Dennoch müssen Für und Wider einer Lebendspende sehr sorgfältig abgewogen werden. Wie jede andere Operation stellt eine Organentnahme für den Spender ein medizinisches Risiko dar. Daher hat nach deutschem Recht auch die Postmortalspende Vorrang vor der Lebendspende.

Wann kommt eine Lebendspende infrage?

Auch dies ist durch das Transplantationsgesetz (Gesetz über die Spende, Entnahme und Übertragung von Organen und Geweben) vom 5.11.1997 geregelt. Es erlaubt die Spende von Organen nur unter Verwandten ersten oder zweiten Grades, zum Beispiel unter Eltern und Geschwistern, unter Ehepartnern, Verlobten oder unter Menschen, die sich persönlich sehr nahe stehen. Eine Gutachterkommission prüft im Vorfeld, ob die Spende freiwillig erfolgt und keine finanziellen Interessen bestehen. Eine Lebendspende ist nur erlaubt, wenn ein Organ eines toten Spenders nicht zur Verfügung steht.

Welche weiteren Bedingungen gibt es für eine Lebendspende?

Folgende Bedingungen müssen für eine Lebendspende noch erfüllt sein:

  • Die Spenderin bzw. der Spender muss volljährig und einwilligungsfähig sein
  • Die Spenderin bzw. der Spender muss über alle Risiken der Organentnahme aufgeklärt worden sein
  • Die Spenderin bzw. der Spender muss nach ärztlicher Beurteilung als Spender geeignet sein
  • Die Spenderin bzw. der Spender darf voraussichtlich nicht über das Operationsrisiko hinaus gefährdet sein oder über die unmittelbaren Folgen der Entnahme hinaus gesundheitlich schwer beeinträchtigt werden

Wer klärt die Spenderin oder den Spender über die Lebendspende auf?

Das Aufklärungsgespräch der spendenden Person zur Organentnahme muss durch eine verantwortliche Ärztin oder einen verantwortlichen Arzt des behandelnden Transplantationszentrums durchgeführt werden. An diesem Gespräch nimmt ein weiterer Arzt bzw. eine weitere Ärztin teil, die oder der nicht mit der Transplantation befasst ist. Außerdem darf keine Abhängigkeit zu einer transplantierenden Ärztin oder einem transplantierenden Arzt bestehen.

Was ist eine Dominospende?

Eine Dominospende ist eine Sonderform der Lebendspende. Wird jemandem ein Organ, das versagt hat, entnommen und durch ein gespendetes Organ ersetzt, können noch gesunde Teile des entnommenen Organs (beispielsweise Herzklappen, Leberteile) einer weiteren Person transplantiert werden. Bei Lungentransplantationen kann es aus operationstechnischen Gründen nötig sein, Herz und Lunge einer Person gemeinsam zu transplantieren. Das der Person entnommene, gesunde Herz kann einer weiteren Person gespendet werden. Eine Dominospende muss alle entsprechenden gesetzlichen Vorgaben erfüllen.

Welche Aufgabe haben die Lebendspendekommissionen?

Sie überprüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für Lebendspenden erfüllt sind, vor allem die freiwillige und unentgeltliche Überlassung des Organs.

Wann wird die Lebendspendekommission tätig?

Die Kommissionen werden nur auf Antrag des Transplantationszentrums tätig. Das Transplantationszentrum bestätigt die Indikation zur Transplantation der Empfängerin bzw. des Empfängers und bescheinigt die Meldung bei Eurotransplant. Den eingereichten Unterlagen ist eine Stellungnahme über das Operationsrisiko der spendenden Person sowie ein Gutachten über deren psychischen Zustand beigefügt. Sowohl Spenderin bzw. Spender als auch Empfängerin bzw. Empfänger sind zur Durchführung des Kommissionsverfahrens rechtlich verpflichtet. Die Lebendspendekommission (LSK) kann die Offenlegung der persönlichen Verhältnisse beider beteiligter Personen verlangen sowie deren Motivation und psychische Situation abfragen; sind diese hierzu nicht bereit, kann eine Transplantation nicht in Frage kommen.

Wie wird das Verfahren der Lebendspendekommission finanziert?

Die Finanzierung des LSK-Verfahrens erfolgt über die Krankenversicherung der Organ-empfängerin oder des Organempfängers. Zunächst fallen die Kosten bei den Landesärztekammern an, die Refinanzierung erfolgt über die Transplantationszentren, die dann die LSK-Kosten im Rahmen der Behandlungskosten der Empfängerin oder des Empfängers versicherungsrechtlich geltend machen.

Wer bezahlt die Kosten einer Lebendspende?

Die Kosten (Voruntersuchungen, Transplantation, stationärer Aufenthalt, gesetzlich vorgeschriebene Nachsorge) werden von der Krankenkasse der Empfängerin bzw. des Empfängers übernommen. Deren oder dessen Krankenkasse sollte vor der Transplantation über den geplanten Eingriff informiert werden. Außerdem sollte eine Kostenübernahmeerklärung eingeholt werden. Darüber hinaus sollte die Anfrage folgende Punkte enthalten: Fahrkostenerstattung, Erstattung des Verdienstausfalls, Weiterversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung.

Die Krankenkasse der spendenden Person sollte ebenfalls über die anstehende Organspende informiert werden.

Welche Leistungen erhalten Organspender?

Durch die Änderungen im Transplantationsgesetz zum 1.8.2012 ist die Absicherung von Lebendorganspendern deutlich verbessert worden. Im Krankenversicherungsrecht ist nun festgelegt, dass Lebendorganspender unabhängig vom eigenen Versicherungsstatus gegen die gesetzliche Krankenkasse des Organempfängers einen direkten Anspruch auf Krankenbehandlung haben. Dazu gehören die ambulante und stationäre Versorgung der Spender, medizinisch erforderliche Vor- und Nachbetreuung, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation sowie Krankengeld und erforderliche Fahrkosten. Eine Zuzahlungspflicht besteht nicht.

Bei Lebendorganspenden an privat krankenversicherte Personen gewährleistet das private Versicherungsunternehmen des Organempfängers die Absicherung des Spenders (ggf. kommt auch ein anderer Leistungsträger, z. B. die Beihilfestelle, anteilig für die Kosten auf). In einer Selbstverpflichtungserklärung vom 9.2.2012 haben sich alle Mitgliedsunternehmen des Verbandes der Privaten Krankenversicherung verpflichtet, die Aufwendungen für die Spender zu übernehmen.

Zudem wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Transplantationsgesetzes geregelt, dass eine Arbeitsverhinderung infolge einer Organspende eine unverschuldete Arbeitsunfähigkeit ist. Die betroffenen Arbeitnehmer haben daher einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Wochen. Der Arbeitgeber hat einen Erstattungsanspruch gegen die Krankenkasse bzw. das private Krankenversicherungsunternehmen (ggf. anteilig die Beihilfe) des Organempfängers. Nach Ablauf der sechs Wochen oder wenn kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, greift der Krankengeldanspruch gegen die Krankenkasse des Organempfängers, bzw. das private Krankenversicherungsunternehmen des Organempfängers kommt für den entstandenen Verdienstausfall auf. Die Höhe des Krankengeldes richtet sich dabei an das vor der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen. Maximal wird jedoch 141,25 Euro pro Kalendertag bezahlt (Stand: 2016, Höhe der Beitragsbemessungsgrenze zur Krankenversicherung).

Sind Organspender unfallversichert?

Ja, Organspender sind unfallversichert. Der Unfallversicherungsschutz bezieht sich auf alle Gesundheitsschäden im Zusammenhang mit einer Organspende, die über eine regelmäßig entstehende Beeinträchtigung bei einer Spende hinausgehen und mit der Spende im ursächlichen Zusammenhang stehen. Der Eintritt eines solchen Gesundheitsschadens wird als Versicherungsfall der Unfallversicherung fingiert. Auf den zeitlichen Abstand zwischen Spende und Gesundheitsschaden kommt es danach nicht an. Im Hinblick auf die Kausalität besteht eine – widerlegbare – gesetzliche Vermutung. Dieser erweiterte Versicherungsschutz für Lebendorganspender erstreckt sich für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes auch auf Gesundheitsschäden, die bei den Spendern nach der Einführung des Transplantationsgesetzes im Jahre 1997 und noch vor Inkrafttreten des erweiterten Unfallversicherungsschutzes eingetreten sind.

Gilt die Regelung zur Unfallversicherung auch rückwirkend?

Im Transplantationsgesetz ist auch eine Altfallregelung festgeschrieben. Das heißt, Betroffene, deren Schäden nach der Einführung des Transplantationsgesetzes im Jahre 1997, aber vor dem 1.8.2012 eingetreten sind, erhalten nachträglich den neuen Unfallversicherungsschutz. Ansprüche auf Leistungen bestehen in diesen Fällen aber erst ab dem 1.8.2012.

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